Sonntag, 7. September 2014

Grüezi (schweizerdütsch und heisst so viel wie manaone oder salama tsara)

Man denkt ja, mit der Ankunft am Flughafen in der Schweiz endet eine Reise. Ich frage mich aber: Beginnt sie da nicht erst?! Den vergangenen Monat habe ich in einem Binnenland namens Schweiz verbracht. Es ist unglaublich sauber, Menschen sind so freundlich, es kommt IMMER warmes Wasser aus der Dusche! Die Kleider sind UND BLEIBEN weiss! Es gibt viel frische Milch und Badewannen gibt es! Badewannen, auf welche ich mich nun ein Jahr gefreut habe - sie aber bis jetzt noch nicht genutzt habe. In diesem Land ist es Abends soo lange hell. Und das Beste: Auch wenn es dunkel ist, darfst du dich auf der Gasse aufhalten. Du kannst durch die Strassen laufen und KEINER zeigt mit dem Finger auf dich und schreit dir „Vazahaaaa“ hinterher. Das Essen ist sooo vielfältig. Und wenn du in den Coop oder sonst einen Laden gehst sind alle Gestelle über und über gefüllt – für ein und dasselbe Produkt gibt es unzählig viel Auswahl – die Frau (oder der Mann) an der Kasse lassen den Preis nicht mit sich diskutieren – obwohl es saftige Preise wären. Umgerechnet in Ariaris – puuuh, ich hätte wohl einige Millionen durchgelassen. Die ersten beiden Wochen hatte ich einen Dauermuskelkater vom Sport, den ich endlich wieder aufnehmen konnte – dabei aber mächtig einschauen musste – tja... damit muss ich wohl leben. Ich habe Menschen getroffen – vielleicht auch dich – und mich riesig über die Begegnung gefreut! In den vergangen vier Wochen kam ich in den Genuss von so vielen lieben Worten, kleinen Gesten, Nachrichten oder Telefonate, es war wunderschön und ich danke dir von herzen dafür! Doch, ich kann tatsächlich behaupten: Home sweet home! & zu Haus ist es doch am Schönsten! Vieles hat mir gefehlt, am allermeisten meine Familie und meine Freunde! Aber um das zu erkennen, war es nötig, dass ich ein Jahr lang weg war.

Aber trotzdem fällt es mir schwer, wieder Fuss zu fassen. Täglich werde ich gefragt: Und? Bist du schon angekommen? Und immer antworte ich mit: Jaja, es kommt langsam. Vor einem halben Jahr hätte ich behauptet, einen Kulturschock gibt es doch nicht, das wäre Einbildung und weil ich mit Kathrin unterwegs war die letzten drei Monate, hätte ich auch schon vieles verdaut, doch da hatte ich mich mächtig getäuscht. Die Ankunft war wunderschön! Einige Menschen am Flughafen und dann zu Hause bei meinen Eltern klingelte es den ganzen Nachmittag / Abend wieder an der Türe und Leute schauten vorbei um uns zu begrüssen. Vielen lieben Dank dafür! Alle Sorgen bezüglich nach Hause kommen waren verschwunden. Die erste Fahrt durch die Gegend und der Besuch in der Stadt Winterthur waren extrem eindrücklich. Meine Güte, hat sich da viel verändert und doch ist so vieles ähnlich. Ich habe einmal mehr unglaublich fest gestaunt über alles und nichts – über Dinge, die ich schon lange kenne und eigentlich ganz „normal“ sind. In der Stadt habe ich – nein, das mach ich eigentilch immer noch – die Menschen angestarrt! Haha, ich kanns mir auch nicht erklären. Ich glotze sie einfach an. Menschen, die wegen irgendwas Kleinem ausrufen, noch viel mehr! Zu Beginn – ja und auch jetzt noch manchmal – stehe ich ziemlich neben den Schuhen. Am allermeisten dann, wenn viele Menschen auf einem Haufen sind, oder wenn Druck auf mir lastet. Haha, zum Beispiel am 1. August! Habe mit einer Freundin geplaudert und am nächsten Tag wusste ich nicht mehr, ob sie mich für nächste Woche zum Mittagessen eingeladen, oder ob ich mir das tatsächlich eingebildet hätte ;) Oder in jedem Gespräch – hauptsächlich dann, wenn ich von Madagaskar erzähle, verliere ich irgendwann den Faden. Aber so richtig – so, dass ich nichtmehr weiss, wovon wir überhaupt geredet haben – unangenehmes Gefühl und Peinlich. How oder wenn Menschen was erzählen – manchmal sogar, wenn ich nach etwas gefragt habe - schweife ich ab – weit weit weg und vergesse dabei tatsächlich zuzuhören. Haha, also, wenn ich dich zweimal das Selbe gefragt habe in den vergangenen Wochen, weisst du nun warum. Oft sitze ich irgendwo am Tisch und bin still, staune tatsächlich immer noch über so viele Dinge. Meine Freunde sagen immer: „Chrigi, was ist los? Warum schaust du so?“ – dabei bin ich doch einfach so für mich zufrieden. ;) oder damit beschäftigt Dinge zu verarbeiten. Ja, das „verarbeiten“ ist so ne Sache. Sollte das nun nicht langsam aufhören? Bin doch nun wirklich schon lange hier. Wann wird denn alles wieder „normal“ ? Es gibt so viele Situationen, da könnte ich einfach losheulen – ohne Grund. Zum Beispiel, wenn jemand was schönes erzählt, oder wenn ich etwas nicht mehr kann oder wenn jemand schimpft... Ja, ich merke, irgendwie ist alles, was ich gesehen habe, immer noch so relevant. Ich kenne „nur“ Madagaskar – ich brauche einen Vergleich! Deswegen habe ich meine Sachen gepackt (haha, viel weniger „Gschmois“ als ich gestern an den Wettkampf mitgeschleppt habe) und fahre heute an den Flughafen und steige dort in die Maschine Richtung Indonesien – dort werde ich meinen Cousin besuchen – Martin, ich freu mich auf dich  - Ferien machen, durchatmen und dann dieses Land bereisen. Dinge sehen, Dinge erleben und Madagaskar verarbeiten. Vielleicht hilft es ja ;)

Was ich aus Madagaskar vermissen könnte, habe ich eingepackt: 7kg Reis, 2kg Bohnen, 1,5kg Vanille, Kochutensilien und sonstige Souvenirs... Mit einigen Madagassen pflege ich Kontakt via facebook – mit anderen ist das leider nicht möglich...  Wenn mich Menschen fragen, ob ich gleich wieder zurück gehen möchte, muss ich das immer verneinen. Nein, ich könnte es nicht. Im Moment, wo ich in Madagaskar lebte, war vieles wunderbar, vieles so eindrücklich und nie hätte ich meine Koffern packen und abbrechen wollen. Nun, wenn ich zurück blicke, muss ich sagen, ich bin kaputt. Es ist traurig, wenn ich mir eingestehen muss, dass ich nicht wirklich viele richtig gute Freunde gefunden habe, es ist traurig zu erkennen, dass ich nicht mehr zurück gehen möchte – mindestens im Moment nicht – ist das in deinen Augen ein schlechtes Zeichen? Heisst das, es hat mir nicht gefallen? Wenn mich Leute danach fragen, finde ich die Worte selten für die vielen Emotionen, die da mitspielen. Das Leben in Madagaskar war sooo bereichernd! Keine Sekunde möchte ich missen! Und trotzdem möchte ich es nicht nochmals machen? Ich bin unendlich stolz darauf, dass ich das geschafft habe. Ich habe soo viel gelernt über eine fremde Kultur und auch über mich selber. Vielleicht muss ich darauf gar keine Antwort finden – bin gespannt, wie ich in zehn Jahren darüber reden werde...

Ja, meine Lieben, es ist Zeit – in einer Stunde muss ich auf den Flughafen. Ich weiss noch nicht, ob ich in Indonesien die Möglichkeit habe, mal nen Blog zu posten – wenn ja und wenn ich was spannendes zu erzählen habe – werde ich das natürlich tun. Ich freue mich, dich im Oktober wieder zu sehen. (Ich werde dann einen Zehnwochenkurs an der Bäuerinnenschule besuchen ;) )
Alles Liebe

Chrigi ;)

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